Martin Bruns ist der Neue am Lernstandort Grafelder Moor/Stift Börstel

Umstellung auf Clusterbildung im Landkreis Osnabrück
24. November 2020
Szenario B ab Montag, dem 07.12.2020
5. Dezember 2020

Lehrer Martin Bruns von der IGS Fürstenau

von Jürgen Ackmann (Bersenbrücker Kreisblatt)

Biolehrer an der IGS Fürstenau und Baron

Wiedervernässt: Das Hahnenmoor entwickelt sich gut.

 

Er ist Lehrer für Biologie und Chemie an der IGS in Fürstenau. In seinem zweiten Leben ist er der Baron Tankret de Donjon-Blanc oder der Graf von Tecklenburg. Und er ist neues Mitglied im Team des Lernstandortes Grafelder Moor/Stift Börstel: Martin Bruns, auf den Schüler und Lehrer treffen werden, wenn sie an seinen Lernstandort-Projekten teilnehmen.
Wer Martin Bruns in seinem Haus im Berger Ortsteil Dalvers besuchen möchte, muss auf dem letzten Kilometer mit geschotterten Wegen vorliebnehmen, die bei Regen von Pfützen gesäumt sind. Sind der weiße Schlagbaum und das Hinweisschild „Privatweg/Sackgasse“ passiert, geht es vorbei an Berik und Lukas – einem Andalusier und einem rheinisch-westfälisches Kaltblut – sowie an fünf schnatternden Gänsen und einigen gackernden Hühnern. Auf dem Hof nimmt zunächst Hasso, eine Kuvasz-Berner-Sennen-Mischung, die Gäste in Empfang. Schließlich taucht auch Martin Bruns auf.
Auf dem Programm steht in den nächsten Stunden eine Tour zu Wiesen, Bruchwäldern und Mooren. Sie beginnt einige 100 Meter vor der Haustür des 49-Jährigen. „Wir gehen erst einmal zu den Wiesen dahinten“, erklärt er. Dort am Rande des Fienenmoores könnten Schülern den Unterschied zwischen extensiver und intensiver Landwirtschaft unmittelbar erfahren. Direkt neben der mehrmals im Jahr gemähten und gedüngten Wiese befinde sich auf einem leicht abfallenden Gelände eine Wiese, die nur einmal im Jahr gemäht werde. Der Unterschied: Wo Gewächse wie wilde Möhre und Gundermann auf der einen Wiese Zeit haben, sich zwischen den Gräsern auszubreiten, fehlen sie auf der anderen Wiese. Das Ergebnis: Da die extensiv bewirtschaftete Wiese deutlich mehr Mineralstoffe enthält, müssen sie später nicht mehr auf andere Weise den Tieren zugefüttert werden. Solche Zusammenhänge jungen Menschen zu vermitteln sei ein wichtiges Ziel des Lernstandortes, sagt Martin Bruns – lernen durch erleben.

Torfmoos als Baumeister

Martin Bruns und das Team des Lernstandortes mit den beiden Ehrenamtlichen Thomas Kaschuba und Rolf Wellinghorst – der Vorgänger des 49-Jährigen – sowie der hauptamtlich Tätigen Christiane Achelwilm wollen künftig auch Orte wie das Fienenmoor oder auch die Wälder rund um Ankum in ihre Arbeit einbeziehen und sich nicht auf die Lernstandorte in Grafeld und Börstel selbst beschränken. Der Lernstandort komme dann auch mal zu den Schülern – einschließlich eines mobilen Labors, um in der Natur forschen zu können. Derzeit gebe es allerdings wegen der Corona-Pandemie nur wenige Anmeldungen.
Nach der Begutachtung der beiden Wiesen folgt eine kurze Inspektion eines Plaggenesches und ein Gang zu einem Schwarzerlenbruch, über den Martin Bruns nebenbei einen Vortrag zu den ablaufenden chemischen Prozessen im Untergrund hält. Er ist in seinem Element.
Dann geht es zurück zum Haus und ab in den Defender, Baujahr 2001. Mit dem Geländewagen, der tatsächlich im Gelände im Einsatz ist, geht es nach Grafeld und über die Herzlaker Straße und das letzte Stück zu Fuß zum Lernstandort. Idyllisch liegt er in der Sonne. Ein kleines Holzhaus mit Labor- und Lernmaterial steht dort, ein paar Bänke davor. Daneben ein Moorgewässer, in das ein langer Steg ragt. Den können Schüler und Lehrer nutzen, um beispielsweise Proben für die Arbeit mit dem Mikroskop zu nehmen.
Martin Bruns fischt grünen Glibber aus dem Wasser. „Torfmoos, ein Baumeister des Moores“, sagt er. Dann folgt Wissenswertes über die Bedeutung des Moores als CO2-Speicher und über wenig gern gesehene Birken in den Mooren, die bis zu 400 Liter Wasser am Tag ziehen können.
Mit Wasser kennt sich Martin Bruns aus. Geboren in Essen im Ruhrgebiet, hat er das Abitur nach einem Umzug im Münsterland gemacht. Anschließend ist er wieder nach Essen gezogen, um auf Lehramt für Chemie und Biologie mit Schwerpunkt Gewässerökologie zu studieren. Nach einem Referendariat in Bochum und einer weiteren Station in Essen unterrichtet er seit 2014 an der IGS in Fürstenau.
Dass Martin Bruns heute im Nordkreis lebt, hat zwei Gründe. Zum einen wollte er sich schon immer einen kleinen Hof kaufen, was aber im Ruhrgebiet unbezahlbar gewesen wäre. Zum anderen kommt sein Vater Werner-Heinrich Bruns gebürtig aus dem Bippener Ortsteil Ohrte. Als Schneidermeister fand er jedoch in den 60er-Jahren kein ausreichendes Auskommen mehr. Schuld war die zunehmende industrielle Produktion von Kleidung. Also zog er nach Essen und arbeitete in Düsseldorf als Modeschneider und Modelleur – unter anderen für Karl Lagerfeld.
Vor zehn Jahren kaufte Martin Bruns schließlich die kleine Hofanlage in Dalvers auf der Eislage und kehrte damit in die Heimat seiner Eltern zurück. Hier fühlt er sich mit seinem kleinen Tierpark in der Natur wohl. Längst hat sich der Metal-Fan und Liebhaber alter Musik eingelebt. Auch als Tankret de Donjon-Blanc übrigens, ein anglonormannischer Baron zur Zeit Heinrichs II. (1152–1189) und Richards I. (1189–1199). Zusammen mit der Gruppe Furor Normannicus tritt er entsprechend gewandet regelmäßig auf, um Menschen das Leben der Normannen im Hochmittelalter zu vermitteln – wissenschaftlich unterfüttert.
Martin Bruns interessiert sich insbesondere für mittelalterliche Kriegsführung, mittelalterliche Küche und Burgen. Davon gibt es in der Region noch einige Überreste, zum Beispiel die Moorburg in Menslage. Solche Orte möchte er ebenfalls in seine umweltpädagogische Arbeit für den Lernstandort einbeziehen. Wer hat schon im Kopf, dass es zwischen 1300 und 1900 oft extreme Energiekrisen gab, die ganze Gesellschaften in ihrer Existenz bedrohten? So fällten die Menschen große Teile des Baumbestandes unter anderem für die Eisenverhüttung oder die Glasproduktion. Zugespitzt formuliert: Bisweilen gab es zwar genug zu essen, aber kein Holz mehr, um es zu kochen. Auch solche Aspekte wolle er interdisziplinär in die Lernstandortarbeit einbinden, sagt Martin Bruns.
Nachdem das geklärt ist, geht es weiter durch das Grafelder Moor/Hahnenmoor zu einem Terra-Vita-Beobachtungsturm. Es herrscht absolute Ruhe. Nur die Stimme von Martin Bruns ist zu hören, der auf die wiedervernässten Hochmoorflächen vor ihm zeigt und sich freut, dass die Birken allmählich absterben.

Zurück zum Moor

Seit 1977 ist das Hahnenmoor Naturschutzgebiet, südlich von Herzlake und nördlich von Grafeld auf einer Fläche von 620 Hektar gelegen – ein Ort der Wollgrasblüte und Zwischenstation für Zugvögel wie Singschwäne oder Graugänse. Martin Bruns erklärt, dass sich das Aussehen dieser urwüchsig anmutenden Landschaft Schritt für Schritt wieder dem vor rund 6000 Jahren vor Christi annähert – ein Faszinosum.
Mit fünf Unterrichtsstunden und acht Zeitstunden ist Martin Bruns an den Lernstandort Grafelder Moor und Börstel abgeordnet. „Ich bin sehr froh, dass Martin Bruns die Arbeit am Lernort unterstützen kann“, betont Lernstandortleiterin Christiane Achelwilm. Neben der künftig dezentral organisierten Arbeit gibt es auch ein neues Lernmodul. In Kooperation mit Äbtissin Britta Rook vom Stift Börstel, Biobauer Guido Holtheide aus Grafeld sowie weiteren Betrieben können sich Schüler und Lehrer künftig intensiv mit dem Thema Landwirtschaft befassen.
Mit anderen Worten: Es gibt viel Neues zu entdecken, auf das sich Lehrer und Schüler freuen können. Und mittendrin: Martin Bruns.